Ausnahmezustand!
Sie kennen diese Bilder von fertigen Messeständen: Exponate und Vitrinen auf Hochglanz poliert, kein Staubkorn auf dem frisch verlegten Teppich, die Grafiken gestochen scharf, keine ungewollte Falte weit und breit. Alles blitzt und glänzt in perfektem Licht. Was die Bilder nicht zeigen und worüber keiner gern spricht: was auf dem Weg dahin alles schiefgehen kann.
Das kann beispielsweise damit beginnen, dass ein eng getakteter Messekalender – zusätzlich verdichtet durch pandemiebedingte Verschiebungen und Nachholtermine – die Vorlaufzeiten verkürzt und die Zusammenarbeit mit neuen Dienstleistern unerwartete Herausforderungen mit sich bringt. Das neue Team müsste sich erst kennenlernen und einspielen, nur bleibt dafür keine Zeit.
Bei all dieser Kurzfristigkeit kann es dann auch passieren, dass die technischen Pläne für den Stand sehr spät auf den Tisch kommen. Und vielleicht fällt auch erst vor Ort auf, dass in diesen Plänen die genauen Platzierungen der Anschlüsse für Strom, LAN & Co. auf den mehr als 800 Quadratmetern fehlen. Genauso kann es sein, dass die beteiligten Gewerke sich mit Aufbaubeginn zwangsläufig im Weg stehen – während die einen schon die Banner an der Traverse anbringen wollen, müssen große Exponate noch mit einem Kranstapler in den Stand gehoben werden. Und ja, es kann auch passieren, dass die LKW mit den Materialladungen in falscher Reihenfolge starten und plötzlich schon Material ankommt, das erst zum Schluss gebraucht wird, während dringend benötige Dinge bis zur letzten LKW-Ladung auf sich warten lassen.
Während die Zeit der Aufbautage unaufhaltsam läuft, kommen neue Fragen hinzu: Wie bringt man Lamellen ohne Abhängung an und wie streicht man sie dann in acht Metern Höhe, weil sie - anders als erwartet - unlackiert geliefert wurden, obwohl ihr Rot wichtiger Aspekt der Gesamtoptik ist? Und wie schnell kann ein neuer Teppich geliefert werden, wenn der gelieferte die falsche Farbe hat?
Drei Tage vor Messestart kann es dann durchaus diesen erschreckenden Gedanken geben: „Wir schaffen das nicht!“ Zwei Tage vor Start scheint die Möglichkeit einer Negativ-Premiere langsam Gewissheit zu werden: Zum allerersten Mal wird ein Stand nicht rechtzeitig fertig.
Was tun?
Die Antwort liegt irgendwo zwischen unzähligen Fahrten in den Baumarkt, Improvisation, wirklich starken Nerven und unverwüstlichem Optimismus, motivierenden Worten für alle Beteiligten, einem geduldigen Kunden und einer ordentlichen Portion Glück. Die Antwort sind Kollegen, die ebenfalls auf der Messe im Einsatz sind und nach getaner Arbeit an ihren eigenen Projekten noch einspringen. Und die Antwort ist auch die Kombination aus jahrelanger Erfahrung, Professionalität und handwerklichem Know-how sowie ein starkes Netzwerk von Partnern, die (fast) alles möglich machen - selbst in solch einer Ausnahmesituation.
Noch bis tief in die Nacht wurde am letzten Tag vor Messestart geschraubt, geklebt, gehangen, aufgebaut, gestellt und Technik angeschlossen. Gefolgt von einer letzten Fahrt in den Baumarkt am frühen Morgen des Eröffnungstages, bevor pünktlich 9 Uhr ein zufriedener Kunde seinen Stand übernahm – verbunden mit einem Dank für einen tollen Stand.
Und so können wir auch dieses Mal wieder schöne Bilder zeigen – von Wabtec auf der Innotrans 2022.
Bildnachweis: Kai Abresch